Die Rückkehr

15. Woche, 21. - 27. August 2006
Nachdem ich eine schlaflose Nacht hinter mir hatte, suchte ich etwas enttäuscht am Montagmorgen als erstes den Busbahnhof. Dort informierte ich mich über die Rückfahrt zur Grenze. Bei den Mexikanern klingt es aus ihrem Mund immer ungefähr so: Nach einer Frage "No Problemas". (Glückliches Volk). So war es auch bei der Frage mit dem Fahrradtransport. Ich war mir aber der Sache doch nicht so sicher und erschien am anderen Morgen rechzeitig in dem besagten Terminal. Die Fahrkarte hatte ich gelöst. Fast pünktlich erschien der Bus und der Fahrer machte, beim Erblicken meines Rades, eine Handbewegung nach hinten. Dort war jedoch kein Fahrradständer, also noch mal nach vorne. Wieder die vernichtende Handbewegung zum hinteren Eingang! Ahaaaaaa.. schnell demontierte ich meine Gepäcktaschen und stellte das Rad auf die hintere Sitzbank. Nachdem alles verstaut war, rauschte das Ungetüm los. Ich dachte schmunzelnd an den Fahrkartenverkäufer, der meinte "no Problemas". Nun war auch ich davon überzeugt!
 
Bus Mexiko   Auf dem Weg durch die Halbwüste Richtung Norden hatte ich es mit einem neuen Begleiter (und alten Bekannten) zu tun. Montezuma gesellte sich zu mir und rächte sich für was auch immer. Der Trick mit der Cola hatte nicht so recht funktioniert. Wir rauschten mit einigen Unterbrüchen durch bis Tijuana.

Ich hatte Tijuana nach ca. sechs Stunden Fahrt am späten Nachmittag erreicht und fuhr sofort zur Grenze. Eine lange Personenschlange zierte das Zollgelände. Also anstehen? Ein Afroamerikaner meinte, ich müsse ganz nach vorne, da sei ein zusätzlicher Schalter für Radfahrer. Dem war aber nicht so!! Glücklicherweise liess mir ein Amerikaner in dem Moment den Vortritt und ich hatte dadurch die lange Warteschlage übergangen. Sorry an alle Amerikaner, dass ich so flegelhaft in Euer Land einreiste. Die Abfertigung ging wider Erwarten ganz rassig. So schnell war ich noch nie in den USA. Der Pass wurde durch den Computer gezogen und fertig war die Laube.
 
Bei der Fahrt zu meiner Unterkunft fuhr ich über eine grosse Glasscherbe und eine grössere Reparatur musste erfolgen. Gott sei Dank hatte ich noch einen Ersatzmantel in meinem Gepäck.

Glücklicherweise wusste ich ungefähr wo sich ein schöner Zeltplatz befindet und nach wenigen Kilometern entfernt von der Grenze fand ich, in der Nähe einer Pferdekoppel, einen guten Platz. Nun konnte sich der Aztekenkönig so richtig austoben. Sein ehemaliges Reich hatte ich ja wieder verlassen. Müde von der langen und holperigen Fahrt ging es sofort in die Horizontale.
 
 
 
Der Donnerstag begann heiter. Ich hatte mein Gepäck auf das Rad geladen und wollte mich gerade in den Sattel schwingen, als eine Eule - oder war es ein Uhu - mit weit geöffneten Augen dicht über meinen Kopf flog. Sind richtig imposante Vögel, die man jedoch nur sehr selten zu Gesicht bekommt. Ein richtiges Erlebnis! In dem Ort Imperial Beach kaufte ich in einem Supermarkt an der Pacific Ave. ein. 100m weiter war die Strasse zu Ende und nur ein schmales Wegchen führte zur Bucht. Links und rechts von dem Weg standen stattliche Bäume und der Platz bot sich ideal zum Zelten an. Das wird am Abend mein Platz, dachte ich. Ich fuhr gemütlich durch den Ort und fragte einen älteren Passanten nach dem Weg zur Halbinsel, die ich anderntags durchfahren wollte. Er lud mich zu sich nach Hause ein und gab mir aus seinem Garten Tomaten und seine Schwester einen Kaffee und Kuchen, der sehr gut gelungen war. Danach wurde ich durch sein privates Automuseum geführt, in dem sich noch ein Jeep aus dem 2. Weltkrieg befand und auf den er besonders stolz war. Gegen 17 Uhr ging ich zu dem zuvor erwähnten Zeltplatz und ass einen Happen. Ich wollte erst bei einbrechender Dunkelheit mein Zelt aufstellen. Nach einer Stunde des Wartens, ich hatte gerade meine Tasche geöffnet, erschien ein Penner und fünf Minuten später ein Zweiter. "Was machen schon zwei Penner", dachte ich, als noch einmal zwei der Gestalten auftauchten. Es wurden mit der Zeit immer mehr. Als sich der 9. Fahrende bei mir zeigte, war es für mich zu viel. Schnell wurde alles aufs Rad geladen und ab ging es, zurück in die Ortschaft. Die Landstreicher schauten mir verdutzt nach, als ich so überraschend ihr Zuhause verliess. In der Zwischenzeit war es bedenklich dunkel geworden und durch diese Umstände einen Zeltplatz zu finden beinahe aussichtslos. Mitten in einer Wohnsiedlung fand ich neben einem Einfamilienhaus ein grosses Stück Bauland oder Wiese. Im Schein der nahen Strassenlaterne stellte ich ganz leise mein Zelt neben dem hohen Bretterverschlag des Einfamilienhauses auf und legte mich zur wohl verdienten Ruhe in den Schlafsack.
 
Um unangenehmen Fragen des Polizeipräsidenten aus dem Weg zu gehen, brach ich meine Behausung schon früh am Morgen ab. Nur ein Anwohner sah mich, als er mit seinem Hundchen "Gassi" ging. Auf einem schönen Radweg fuhr ich über die vorgelagerte Halbinsel von San Diego zur Fähre.
 
 
 
San Diego Sonnenuntergang
 
  Die erste Fahrt der Fähre um 9 Uhr war gratis! War ja super! Bevor die Fähre kam, erlaubte ich mir auf Grund der Neuigkeiten einen starken Kaffee, der mir die letzten Haare auf dem Kopf aufstellte. Ich landete mit der Fähre in San Diego und entschloss mich bis Los Angeles mit dem Rad zu fahren, um von dort mit dem Zug nach San Francisco zu gelangen. Erneut musste ich durch die Marine Base die mit bis auf die Zähne bewaffneten, finster drein blickenden Soldaten den Eingang versperrte. Auf vertrauten Strassen erreichte ich dann am Nachmittag San Onafre State Beach (kein Campingplatz). Am Strand wartete ich, bis es dunkel genug war und keiner der Parkwächter mit ihren Ungetümen mehr über den Sandstrand brauste. Erst dann wurde meine Behausung aufgestellt. Mit leichtem Meergesäusel im Ohr war ich bald im Land der Träume.
 
        
 

         Am Morgen entschloss ich mich, in San Clemente noch ein paar Tage Sonne, Wind und Meer in mich aufzunehmen. Nach wenigen Kilometern war ich schon am Ziel und konnte mich durch einen Hintereingang auf den bekannten Zeltplatz schleichen. Eine Anmeldung war erst um 16 Uhr möglich (was für ein Unsinn). Das Zelt stand schon am Vormittag und nur so konnte ich den Tag an der Beach voll erleben. Am Nachmittag wurden ausser einer Flasche kalifornischem Rotwein noch Lebensmittel gekauft und beim Eintreffen auf dem Zeltplatz die Registrierung für den erlaubten einen Tag abgewickelt. Gott sei Dank war am anderen Tag ein anderer Ranger im Anmeldebüro, sodass ich mühelos eine weitere Übernachtung in der Tasche hatte. Bei der dritten Registrierung kamen grössere Fragestellungen auf mich zu. Der Ranger meinte, dass ich schon eine Nacht hier war und er mir einen normalen Platz zuweisen müsste (kostet anstatt der 3$ lockere 25$). Ich gaukelte ihm vor, dass ich mit meinem Knie Ärger hätte und bestimmt am frühen Morgen weiter fahren würde und ich mein lädiertes Knie noch einen Tag schonen müsste und die grossen Schmerzen u.s.w…..Ich brachte den Ranger fast zum Weinen. Bevor er anfing Trauerlieder zu singen, hörte ich jedoch auf mit meinem Wehklagen und er füllte, ohne dass eine Träne auf das Ticket fiel, den Schein aus.

Am Strand verbrachte ich herrliche Tage mit Baden und ausgedehnten Spaziergängen. In den Nächten siedelten sich die Landstreicher um mein Zelt an und waren bei Sonnenaufgang wie durch Geisterhand wieder verschwunden. Wir waren schon eine richtige Wohngemeinschaft und ich war erstaunt, wenn Einer oder Eine (Frauen waren auch dabei) fehlte von der munteren Gesellschaft.

Zum 15. Wochenende hatte ich 7812 Kilometer auf dem Fahrradcomputer