Fahrradreise

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Juni / Juli 2002

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Sonntag, 30. Juni 2002
Wetter: schön, ohne Wolken, noch relativ kühl
Strecke: Wörth Bogen Deggendorf bis 30 km vor Passau
Tagesetappe: 123 km
Total 692 km
Heute krabbelten wir um 7 Uhr aus dem Schlafsack (ist ja schliesslich Sonntag und da schläft man ein bisschen länger). Man glaubt es ja kaum, was man in 2 Stunden alles gemacht bekommt unter den Campingeinschränkungen. Nach dem morgendlichen Bad in (an) der Donau wurde noch die Wäsche gewaschen und ein ausgiebiges Frühstück eingenommen und das auf einer wunderschönen Holzbank am Fluss. Die Mauersegler zogen 10 cm über dem Wasser dahin und die Meisen in den Büschen warteten wohl schon auf die übrig gebliebenen Brotkrumen.

Um 9 Uhr war der grosse Aufbruch, und durch das gute Frühstück konnten wir unseren Kalorienüberschuss locker abstrampeln. In Bogen waren wir so in Schuss, dass wir aus Versehen einen grossen Bogen um Bogen machten. Da es klimatisch ein angenehmes Fahrradwetter war, machte es uns eigentlich nichts aus, ein paar Kilometer mehr zu fahren.

Um 2 Uhr wollten wir Mittag kochen und dabei am Radio das Endspiel BRD gegen Brasilien hören. Zuvor wurde jedoch unsere Fahrt plötzlich jäh unterbrochen. Ein grosser Schlag erschütterte mein Fahrrad. Nur eine Sekunde dachte ich "Gott sei Dank ist es noch einmal gut gegangen". Das war ein grosser Trugschluss! Ein ca. 4 cm grosser, spitzer Stein hatte meinen Hinterradreifen beschädigt und mir keine Luft mehr im Schlauch gelassen. Kleine Sache, dachten wir, und der Reifen wurde repariert. Nach der Montage stellte sich jedoch heraus, dass noch ein zweites Loch vorhanden sein musste. Also die ganze Reparaturzeremonie noch einmal von vorne beginnen. Wir hörten ein bisschen Radio, und als Deutschland verloren hatte, mussten wir unseren Frust durch ein gutes Mittagessen abbauen.

Das hiess, den Benzinkocher herausnehmen und kräftig einheizen. Es gab ein Sonntagsgericht: Hörnchen mit Curry und drei selbst gesuchten Kartoffeln. War nicht schlecht.

bild8 Gerd machte noch ein Mittags- schläfchen und dann ging es frisch gestärkt weiter Richtung Passau. Die Mückenschwärme machten uns sehr zu schaffen und zeitweise sahen wir wie panierte Schnitzel aus. Der angebrochene Nachmittag verging im Fluge. Gegen Abend wurden jedoch die Beine immer schwerer und da die Hügel immer näher kamen, suchten wir einen geeigneten Zeltplatz. Durch das hügelige Gelände waren die 2 m2 jedoch wieder schwer zu finden. Also trampelten wir mit schweren Beinen weiter, bis wir hinter Vilshofen fündig wurden. Unsere heutige Bleibe war am Ende der Rollbahn eines Flugplatzes zwischen zwei Mais- feldern. Um 9 Uhr war das Zelt errichtet und die Sachen eingeräumt. Das Einschlafen fiel uns nach dem relativ anstrengenden Tag nicht schwer.


Montag, 1. Juli 2002
Wetter: freundlich und kühl 
Strecke: Passau bis 4 km vor Linz
Tagesetappe:  123 km
Total 815 km
Am Vilshofener Flughafen wachten wir um 7 Uhr auf, als gerade ein Flugzeug über unsere Köpfe (Zelt) rauschte. Um richtig aufzuwachen wollten wir erst einmal einen Kaffee kochen. Mein geliebter Benzinkocher hatte jedoch etwas dagegen, denn es wurde keine schöne blaue Flamme, sondern es kam nur ein riesiges russiges Gequalme hervor. Also musste ich erst mal den ganzen Kocher auseinander schrauben und dann die Düse ausbauen und reinigen. Wie bei jeder mechanischen Tätigkeit waren anschliessend die Hände wieder einmal rabenschwarz. Mit Seife lohnte sich auf jeden Fall die heutige Morgentoilette. Es war doch ein bisschen kühl und der heisse Morgenkaffee war ein richtiger Aufsteller.

Um 8 Uhr waren wir schon wieder auf der Piste und es ging in mehrheitlich kürzeren Etappen über die Bundesstrasse nach Passau, wo erst einmal eingekauft wurde (NORMA). Man kam sich in dem Trödelladen vor wie zu DDR-Zeiten. Was man wollte, gab es nicht und das was man nicht brauchte, war Ramsch. Dann ging es in die Fussgängerzone zur Nordsee und wir konnten gemütlich Heringsbrötchen essen. Anschliessend, es war schon 11 Uhr, ging es weiter Richtung Austria.

An dem Vormittag kam es mir so vor, als würde es ein richtiger Trödeltag werden, denn wir wollten einfach nicht vom Fleck kommen. Ausserhalb von Passau war eine Metzgerei, in der wir zum Mittagessen Leber kaufen wollten. Leider gab es diese nur am Dienstag. Also mussten wir unsere Kartoffeln weiter herumschleppen. Wir bestellten in der Metzgerei das Tagesmenü, das man gleich in einem separaten Raum vertilgen konnte (Gute Idee vom Metzgermeister). Um das ganze abzurunden, wurde noch ein Bierchen getrunken und mit gefüllten Bäuchen ging es weiter stromabwärts. Wir befanden uns auf der linken Flussseite und mussten nach weiteren 10 km mit der Fähre auf die andere Uferseite übersetzen.

bild9 Plötzlich kam auch bei uns ein bisschen Dampf auf (kein Wunder nach so einer grossen Kalorien- einnahme). Wir kamen auf dem gut ausgebauten Radweg zügig voran und mussten erst nach ca. 110 km wieder mit einer Fähre auf die andere Seite übersetzen. Durch die rasante Fahrweise kam um ca. 6 Uhr ein kleines Hüngerchen auf und wir nahmen unsere "Brotzeit " zu uns.

Wie vorher besprochen, wollten wir ganz gemütlich ein Nachtlager suchen, denn es war ja "erst" 7 Uhr 30. Also fuhren wir mit reduzierter Tretgeschwindigkeit weiter. Die Donau machte jetzt etliche Kurven und das Tal wurde immer enger und die Berge dafür immer höher. Plötzlich, uns beide traf fast der Schlag, waren wir ungewollt in eine Schnellstrasse eingebogen. Links war der Berg, dann die Schnellstrasse und parallel dazu die Eisenbahn und die Donau. Zuerst suchten wir auf der Donauseite einen Platz. Leider vergebens, da nach dem Bahntrassee gleich die Uferböschung der Donau begann. Also keine Chance, ein paar Quadratmeter einigermassen ebenen Boden zu finden. In einem kleinen Dörfchen stand auf einem Schild "Radfahrer Übernachtung beim Bauern". Also machten wir uns auf den Weg, den Bauern zu finden. Es war schon 9 Uhr geworden und da es keine andere Wahl gab, schoben wir die Fahrräder den steilen Bergweg entlang, immer höher und höher. Von einem Bauernhof war nichts zu sehen. Die Strasse endete an einem Wald. Jetzt ging es noch steiler als zuvor hinauf. Wir dachten schon, dass wir im Stehen übernachten müssten, als wir ein winziges ebenes Stückchen Land sahen "Wie vom Lieben Gott erschaffen". War aber nur eine überwachsene Schutthalde mit Ziegelsteinen und Bauabfällen. Wir hatten die grösste Mühe, unsere Heringe zwischen den Steinen in den Boden zu bekommen. Um 10 Uhr wars jedoch geschafft und unser Zelt aufgestellt. Todmüde sanken wir in den Schlafsack und begaben uns anschliessend in das Land der Träume.


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